Nichts in der Geschichte kann eindrucksvoller wirken als Schilderungen eines Zeitzeugen. Deshalb war es für unsere Schule ein großes Glück, dass mit Michaela Vidlakova eine Holocaust-Überlebende vor wenigen Tagen 50 ausgewählten Schülern aus den Klassenstufen 9 bis 12 fast zwei Stunden aus ihrem Leben erzählte. Die mittlerweile fast 77-Jährige Pragerin kam im Winter 1941 in das Konzentrationslager Theresienstadt und überlebte nur durch viele glückliche Zufälle. Seit Jahren reist sie durch Deutschland und berichtet Jugendgruppen von ihren Erlebnissen, denn „Erinnern ist wichtig für unsere Zukunft“, so die Pragerin, die im Konferenzraum 111 nahezu die gesamte Zeit erzählte.
Angefangen von der Herkunft der Familie („Meine Mutter war Lehrerin, mein Vater technischer Direktor.“) über die fortschreitende Entrechtung der Juden in ihrer Heimat („Wir durften immer weniger, aber mit jedem Mal dachten wir, dass wir das auch noch verkraften würden.“) bis hin zum Überleben in Theresienstadt („Am Ende hat uns ein Holzspielzeug das Leben gerettet. Das einzige, was ich aus meinen Spielzeugen ausgewählt und mitgenommen habe.“). Dieses Holzspielzeug, ein Hund namens Pluto, baute ihr Vater einst für sie und wies damit bei der Ankunft im Konzentrationslager nach, dass er handwerkliches Geschick hatte. So kam er in eine Baugruppe, die für das KZ unabkömmlich war. Als ihre Familie doch deportiert werden sollte, deckte ein Sturm eine Nacht vor dem Transport das Dach eines Verwaltungsgebäudes ab. Ihr Vater musste bleiben, um es mit anderen zu reparieren und damit durfte auch Familie Vidlakova bleiben. Was sie an dem Tag nicht wussten: Es war der letzte Transport, der Theresienstadt verlassen sollte.
Unsere Schüler lauschten gebannt dem eindrucksvollen Vortrag der Rentnerin, die ihnen auf Nachfrage verdeutlichte, wie die Verhältnisse in dem Lager ihr weiteres Leben geprägt haben. „Ich werfe ganz selten Lebensmittel weg. Brot habe ich noch nie weggeworfen. Ihr etwa?“ Von einer Veranstaltung aus Wahren kommend, verließ Frau Vidlakova nach zwei Stunden unsere Schule, aber nicht ohne die Aufmerksamkeit der Schüler zu loben. „Sie haben sehr schlaue Fragen gestellt.“