Von Kultur und Käsemachen in den Niederlanden

1. Tag: Montag, 8.4.2013 – Anreise

Der erste Tag unseres Schüleraustausches begann um 10:50 Uhr auf dem Leipziger Hauptbahnhof, als unser Zug in Richtung Holland losfuhr. Da uns nach wenigen Minuten schon die Kreativität für einen geeigneten Zeitvertreib ausgegangen war, schien die insgesamt achtstündige Fahrt sich bis ins Unendliche zu ziehen. Letztendlich waren wir dann alle mehr oder weniger erleichtert und froh, als wir um 18:57 Uhr am Bahnhof in Boxmeer von unseren Gastfamilien in Empfang genommen wurden. Ich wurde von meiner Austauschschülerin Manuela und ihrer Mutter abgeholt und ich muss sagen, dass die Tatsache, dass ich Manuela bereits durch die Woche in Leipzig kannte, die ganze Anfangs-Kennlernsituation mit ihrer Familie echt erleichtert hat. Jedoch war das Problem, dass weder ihre Mutter, noch ihr Vater Englisch bzw. Deutsch sprechen konnten und ich somit Schwierigkeiten hatte, mich mit ihnen zu verständigen.Wir fuhren also von Boxmeer aus nach Westerbeek, wo Manuela auf einer ziemlich abseits gelegenen Hühnerfarm mit ca. 90 000 Hühnern, ihrem Hund Luna und ihrer Familie wohnt. Obwohl es mittlerweile schon gegen halb sieben war, saß nun die ganze Familie mit mir gemeinsam vor dem Fernseher bei Kaffee und Kuchen und schaute eine niederländische Variante von GZSZ. Ziemlich erschöpft von der langen Fahrt ging es dann auch bald ins Bett.

2. Tag: Dienstag, 9.4.2013 – Schulbesichtigung und „Old dutch games marathon“

Nach der ersten mehr oder weniger erholsamen Nacht in der Gastfamilie und einem holländischen Frühstück, begaben wir uns in das eine Schulgebäude in Stevensbeek. Um 9:00 Uhr begrüßte der Schulleiter uns mit einer englischsprachigen Willkommensrede. Anschließend wurden wir von unseren Austauschschüler/Innen durch das Gebäude geführt. Überrascht waren wir über die moderne Einrichtung und sehr offenen Klassenräume. Bert und Anneke (zwei der holländischen Lehrer) vermittelten uns in einer Stunde die wichtigsten niederländischen Traditionen und einige Grundkenntnisse der niederländischen Sprache. Danach gingen wir zu Fuß beziehungsweise fuhren mit dem Fahrrad zu dem zweiten Schulgebäude in Stevensbeek: Klosterstraat. Dieses Gebäude besteht zur Hälfte aus einer ehemaligen Kirche. Dort wurde uns wieder die Möglichkeit gegeben, das Haus zu besichtigen und abermals waren wir überrascht von der technischen und praktischen Ausstattung: Friseursalon, Großküche, Gärtnerei, Maschinenraum etc. Die Niederländer haben die Möglichkeit, jedes dieser Module zu durchlaufen, um ihre zukünftige Berufung zu finden. Anschließend hatten wir eine längere Mittagspause im großen Speisesaal, währenddessen trafen die portugiesischen Austauschschüler ein.

Als wir schließlich alle unsere Mittagspause beendet hatten, begannen wir den „Old dutch games marathon“ also „typisch“ holländische Spiele zu spielen. Dazu wurden wir in Gruppen aufgeteilt, in denen wir gegen eine portugiesische Gruppe spielen sollten. Es wurden sechs verschiedene Stationen aufgebaut, die wir alle durchlaufen mussten: Eierlaufen, Tauziehen, ein Europaquiz…

3. Tag: Mittwoch, 10.04.2013 - „Käsemachen“ und Besuch des Openluchtmuseums

Pünktlich um 9 Uhr trafen sich die Schüler des Gewi-Profils an der neuen Schule in Boxmeer. Von dort aus fuhren wir zu einem kleinen Dorf namens Hoekelum. Dort empfang uns ein fröhlicher, alter Mann in Holzschuhen und erzählte etwas über die Käserei und der Herstellung von Käse.

Nach einer halben Stunde begaben wir uns alle in einen großen Raum. An jedem Tisch befanden sich 2 Eimer und einige Behälter. Nachdem wir alle die Schürzen und Mützen angezogen haben, ging es dann endlich zu der Käseherstellung. Man führte ein Schritt nach dem anderen aus. Es wurde gerührt, gestampft und gepresst, was das Zeug hält. Am Ende blieb ein weißer, nasser Klumpen übrig, den wir dann an den Käsemeister wieder abgeben mussten. Er legte den Käse unter eine Presse und wir konnten uns dann eine halbe Stunde ausruhen. Während der Pause stellten uns die Angestellten Käse und Saft zur Verfügung. Für viele war es der beste Käse, den man je gegessen hat. Danach konnten wir unseren Käse abholen und es ging nach einer Verabschiedung zum nächsten Ziel: Das Freiluftmuseum in Arnhem. Im sog. „Openlucht- Museum“ angekommen hatten wir 2 Stunden Freizeit und jeder konnte selbständig die Umgebung erkunden. Mit einer sehr alten Straßenbahn fuhren wir eine Runde um das komplette Gelände. Man sah alte Bäckereien, schöne historische Häuser und große Windmühlen. Nach den 2 Stunden versammelten wir uns alle und es ging mit dem Bus zurück nach Boxmeer.

4. Tag: Donnerstag, 11.04.2013: Ein Städtetrip zwischen Boxmeer und Nijmegen.

Heute trafen wir uns in der neu eröffneten Schule in Boxmeer, das war ungefähr um 9.00 Uhr. Einige kamen erschöpft mit ihrem Fahrrad dort an, währenddessen Einzelne das Glück hatten mit dem Auto der niederländischen Gasteltern gebracht zu werden. Zu Beginn starteten wir den Tag mit einer Führung von den „sehr motivierten“ Austauschschülern durch deren modernes Gebäude, welches in keiner Weise zu vergleichen ist mit unserer Schule. Unter anderem gab es eine Lounge für die Lehrer, die mit Sitzsäcken ausgestattet war, zudem verfügte die gesamte Schule über zahlreiche Computerarbeitsplätze und interaktive Tafeln. Dies alles beeindruckte uns sehr und viele fragten sich, ob man in dieser Atmosphäre auch bessere Lernergebnisse erzielen kann. Es folgte eine längere Zwischenzeit die von vielen zur Stärkung und Erholung genutzt wurde. Anschließend sind wir im Nieselregen zu einem „historischem Stadtrundgang“ durch Boxmeer gestartet. Dieser „unglaublich ausführliche“ Rundgang bestand aus einer Kirche, einer Kapelle und einem ehemaligen Kloster. Leider wurde die kleine „Stadt“ Boxmeer im zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, wie uns einer der niederländischen Lehrer erzählte, dies erklärte auch die Kürze der Tour. Als nächstes gab es eine kurze Pause, in der man eigenhändig Boxmeer erkunden konnte. Danach starteten wir mit dem Bus nach Nijmegen, die nächst größere Stadt der Umgebung. Dort erwartete uns eine selbst gestaltete „Schnitzeljagd“ der niederländischen Lehrer. Dabei sollten wir bestimmte Plätze aufsuchen, Fragen über die Stadt beantworten und unter anderem auch mehrer Fotos machen, zum Beispiel von dem Biss in eine typische Wurst. Allerdings wurden die Aufgaben fast nur von den deutschen Schülern mit einigem Enthusiasmus bearbeitet, da sich die niederländischen Schüler bewusst waren, dass diese Arbeit von keinem der Lehrer kontrolliert werden würde. Die anschließende Freizeit wurde zum Relaxen, Shoppen und zum Geo-Cachen genutzt. Andere haben aber auch  einfach nur die Zeit genutzt, um das historische Nijmengen anzuschauen oder endlich mal wieder das „Stadtfeeling“ zu genießen, wie wir es ja von Leipzig gewöhnt sind. Nach diesem anstrengenden aber schönen Tag fuhren wir wieder mit dem Bus zurück zur Schule und traten, jeder auf seine Weise, den Heimweg an. Später gab es dann ein (meist bei allen) leckeres Abendessen. Um den Tag nun noch gemeinsam ausklingen lassen zu können, trafen sich einige noch zu einer kleinen „Party“ bei einer niederländischen Schülerin. Dabei wurde geschwatzt, gelacht und sich über die Eindrücke zum Austausch unterhalten. Am Ende waren alle glücklich im Bett zu liegen, um sich fit und gesund für den nächsten ereignisreichen Tag zu schlafen.

5. Tag: Freitag, 12. April 2013 – Besuch des Antikriegsmuseums Overloon und gemeinsames Abendessen mit den Gasteltern

Heute fuhren wir wie gewohnt mit dem Fahrrad zur Schule in Stevensbeek. Die harte Woche hatte sich mittlerweile auch schon auf unsere Oberschenkel ausgewirkt, sodass wir mit Leichtigkeit die weite Strecke bewältigen konnten. In der Schule angekommen bekamen wir von Bert (holländischer Geschichtslehrer) einen Exkurs über die Kriegshandlungen der Alliierten in diesem Gebiet während des zweiten Weltkrieges. Dabei beschrieb er sowohl die Geschichte eines einzelnen deutschen Soldaten (dieser wurde von Berts Familie in Lottum versorgt und gesund gepflegt) als auch den Kriegsverlauf am holländischen Brückenkopf.

Danach ging es in das Antikriegsmuseum in Overloon (Nachbargemeinde von Stevensbeek), um anhand von Kriegsquellen die holländische Geschichte nachzuvollziehen. Besonders amüsant war eine Anekdote über die holländische Panzergarnision, diese bestand kurz vor dem zweiten Weltkrieg aus sagenumwobenen drei Panzern. Jedoch wurde einer dieser Kolosse beim testen der winterlichen Eisdecke für die niederländischen Schlittschuhfahrer versenkt. Des Weiteren war der zweite völlig unbrauchbar, weil er kein Schussrohr besaß. Deshalb besaß Holland nur einen mickrigen Panzer kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen.

Nach einer ausgiebigen Freizeitpause trafen sich alle Schüler, Lehrer und Eltern am Abend in der Stevensbeeker Schule, um gemeinsam den überaus gelungenen Austausch mit einem abendlichen Festmahl in Form eines von den Eltern gestalteten Buffets zu genießen. Die kulinarische Spannbreite reichte von einfachen traditionellen Pancakes zu künstlerisch angerichteten, lateinamerikanischen Burritos. Nachdem der Abend so wundervoll ausgeklungen war, machten sich alle Familien wieder auf den Heimweg.

6. Tag: Samstag, 13.4.2013 - Amsterdam

Um 8 Uhr erreichte der Bus die Schule in Boxmeer, um die Schüler dort für den Tagesausflug nach Amsterdam abzuholen. Nach einer zweistündigen Busfahrt erreichten wir die Hauptstadt der Niederlande. Noch auf dem Weg zum Zentrum sahen wir das „Rijksmuseum“, welches an dem Tag neu eröffnet werden sollte. Königin Beatrix sollte auch erscheinen, was die vielen Reporter und die große Menschenmenge erklärte.

Nach kurzem Fußweg erreichten wir den Tretbootverleih. Zu viert in einem Boot erkundeten wir eine Stunde lang Amsterdam zu Wasser. Nach dem kurzen Trip bekamen wir die Chance die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Wir besichtigten die engen Gassen und die vielen Läden, die die Stadt zu bieten hat. Nach 2 Stunden besuchte der kunstinteressierte Teil der deutschen Austauschschüler das Van Gogh Museum. Schade, dass wir nur 40 Minuten Zeit für die bekannten Gemälde hatte, da das Museum sehr früh schloss. Die Niederländer machten mit dem Rest der deutschen Austauschschüler einen kleinen Stadtrundgang, der auch durch das Rotlichtmilieu führte. Kurz darauf holte der Bus uns an einem vereinbarten Treffpunkt ab und wir kamen um acht Uhr wohlbehalten und erschöpft an der Schule an. Vielen von uns gefiel die Stadt mit ihren alten Gebäuden und den verzweigten Kanälen. Etliche kauften Souvenirs und Andenken für sich und ihre Familie. Am späten Abend besuchten einige Schüler noch einen Club, andere trafen sich mit ihren Freunden.

7. Tag: Sonntag, 14.4.2013 – Familientag     (Paul berichtet vom Familientag in seiner Familie)

Nachdem wir um 9:30 Uhr aufgestanden waren und schnell etwas gefrühstückt hatten, kam der Onkel meines Austauschschülers um uns zu einer Rallye zu begleiten. Mein Gastvater war stolzer Besitzer  einer alten Corvette und der Onkel fuhr einen MG. Also sind wir dann mit 2 leistungsstarken muscle Cars in Richtung Boxmeer aufgebrochen,  wo der Start der Jährlichen Rallye war. Dort sammelten sich ca. 120 Starterwagen. Nach einem rasanten Start versuchte ich mich als Navigator in die holländische Wegbeschreibung einzulesen, was mehr oder weniger gut glückte. Nach den ersten passierten Streckenposten und Checkpoints wurde ich vom Fahrer auf technische Probleme an der mittlerweile über 40 Jahre alten Corvette hingewiesen.  Bei einer Sonderprüfung mit Slaloms führte eine Fehlfunktion an der Bremsanlage fast zum unfreiwilligen Verlassen der Fahrbahn.

Auf halbem Weg der Strecke machten wir eine Pause,  um nach den Problemen im Motorraum  zu suchen.  Der verzweifelte Gastvater begann bereits, eine Art  holländischen ADAC zu rufen, woraufhin ich ihn beruhigte und mich auf die Suche des Problem machte. Nach 20 Minuten im Motorraum hatte ich die Hydraulik der Bremsanlage instandgesetzt und entlüftet. Somit war wieder Bremskraft sichergestellt.

Die letzte Hälfte der Fahrt verbrachte ich im GM bei dem freundlichen Onkel, um ihn zu navigieren. Die Corvette hatte keinerlei technischer Probleme mehr und der Vater war sehr glücklich, die Kosten für Abschleppen, Reparatur und eine Disqualifikation vermieden zu haben. Im Ziel angekommen stellten wir fest, dass wir im vorderen Drittel des Felds lagen und konnten zufrieden den Heimweg antreten.

8. Tag: Montag, 15.4.2013 - Abreise

Nachdem nun die sieben Tage in Holland wohl oder übel vorbei waren und wir alle eine schöne gemeinsame Zeit verbracht hatten, war ich dennoch froh, als um kurz nach sieben unser Zug den Boxmeerer Bahnhof verließ. Nachdem Manuela und ich die ganze Woche über pünktlich aufgestanden waren, hatten wir natürlich just an diesem Morgen den Wecker nicht gehört. 5:30 Uhr ist aber auch eine verdammt frühe Zeit.

Nach wenigen Stunden standen wir auch schon in Wuppertal und warteten bei dem schönsten Frühlingswetter auf unseren letzten Zug, in welchem wir dann unsere nächsten sechs Stunden Fahrt verbringen würden. Ich persönlich, habe die Rückfahrt viel schneller erlebt, als der Weg nach Holland, obwohl wir zur Mittagszeit unterwegs waren und in unserem Zug weder Klimaanlage noch zu öffnende Fenster zur Verfügung standen. Gegen 15:20 Uhr erreichte unser Zug endlich Leipzig und ich war heilfroh, als ich von meiner Familie am Bahnsteig empfangen wurde und es schnell nach Hause ging. Es war eine sehr ereignisreiche Woche und es war eine tolle Erfahrung an so einem

Schüleraustausch teilzunehmen, dennoch war ich überglücklich wieder zu Hause zu sein, denn eins habe ich gelernt: das Leben auf dem Land, sowie stundenlanges Fahrradfahren und vor allem das 'holländische' Essen ist nichts für mich.

Fotos: Frau Goldmann

 

 

Ein Fahrrad gehört in den Niederlanden natürlich dazu...
Unsere Austauschschüler.
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